Deutschlands Aufschwung ist längst Geschichte
Von Peter Helmes
Geplatzte „Zeitenwende“
Wir erinnern uns alle noch: Es ist noch gar nicht so lange her, da wandte sich Olaf Scholz in der Pose des Staatsmanns an seine „lieben Bürgerinnen und Bürger“ und verkündete nach Bekanntwerden der Ampel-Pläne zur Aufarbeitung der Haushaltsprobleme nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit staatsmännischer Geste:
„In Ihrem Alltag ändert sich nichts!“
Das sollte ein Versprechen sein. Aber wer Augen hatte zu sehen und Ohren zu hören, dem war klar, daß es sich nur um einen Versprecher handeln konnte – oder eine platte Irreführung.
Wie das bei den Bauern angekommen ist, weiß man inzwischen. Ob Bauern, Rentner, Mittelstand: Diese Regierung traut sich nicht (mehr), den Menschen die Lage des Landes ungeschminkt zu schildern. Sie schafft es nicht mehr, staatspolitische Erfordernisse, parteipolitische Ambitionen und die Grenzen ihrer Möglichkeiten miteinander in Einklang zu bringen. Das ist ein grundsätzliches Problem, das kann keine politische Rhetorik überdecken.
Die Aussichten für Europas (ehemaligen) Wirtschaftsmotor sind trübe; letztes Jahr rutschte Deutschland gar in eine Rezession. Doch damit nicht genug. Die Regierung ist gelähmt, und die AfD hat das politische System in die Krise gestürzt: Deutschland in der Depression, in unserem Land ist der Wurm drin.
Seit den Sozialreformen von Kanzler Gerhard Schröder konnte man sich in Deutschland auf zwei Dinge felsenfest verlassen: auf ein solides Wachstum und eine bisweilen schon fast gespenstische politische Stabilität. Damit wurde das Land zum Wirtschaftsmotor, der Europa trotz Weltfinanzkrise und griechischem Beinahekollaps zuverlässig mitzog. Das ist vorbei.
Die Pandemie ist die erste Krise, aus der Deutschland geschwächt hervorgeht. Das Land treibt die EU nicht mehr an, es hinkt ihr hinterher.
Das reale Bruttoinlandprodukt liegt nach dem scharfen Einbruch bei Corona nur knapp über dem Wert von 2019. Die Euro-Zone und Großbritannien, aber vor allem die Schweiz und Amerika erholten sich deutlich schneller.
Deutschland hingegen stagniert, und die Unternehmen blicken pessimistisch in die Zukunft. Als einzige Industrienation rutschte Deutschland 2023 in eine Rezession. Es ist erst das neunte Rezessionsjahr in 75 Jahren Bundesrepublik und damit eine kleine Katastrophe. Für 2024 wird ein Wachstum mit einer Null vor dem Komma erwartet.
Deutschland bald nur noch ein Wohlstandsmuseum?
Der Wachstumsmotor ist zum Bremsklotz mutiert. Das Ausland blickt mit Sorge auf die Metamorphose. Früher herrschte Neid auf die teutonischen Streber mit ihren Exporterfolgen und gesunden Staatsfinanzen. Heute geht die Furcht um, das Land ziehe seine engsten Partner nach unten. Und in Deutschland werden die Mahner lauter, die wie der Ökonom Moritz Schularick klagen, das Land verkomme zum „Wohlstandsmuseum“.
Zugleich wuchs der Sozialstaat seit der Wiedervereinigung kontinuierlich. Der Anstieg des Sozialhilfesatzes in zwei Jahren um ein Viertel ist nur die Spitze des Eisbergs.
Dem Land fehlen Arbeitskräfte, und zugleich macht es bezahlte Arbeit unattraktiv.
Das Wirtschaftswachstum und hohe Steuereinnahmen sorgten dafür, daß die letzten Finanzminister die Fehlentwicklung bezahlen konnten. Doch die Stagnation läßt die Spielräume für großzügige Geschenke schrumpfen. Hinzu kommt eine angesichts der Belastungen durch den Ukraine-Krieg zu strikte Auslegung der Schuldenbremse. Die Verteilkämpfe werden härter, wie die Bauernproteste zeigen. Nach fast zwei Dekaden ist der scheinbar ewige Aufschwung Geschichte.
Das ist die eigentliche deutsche Zeitenwende.
Auch ohne leichtsinnige Haushaltspolitik und ohne die harsche Reaktion der Verfassungsrichter wäre das Perpetuum mobile des unendlichen Wachstums kollabiert. Doch Deutschland verhält sich wie eine Comicfigur, die trotz des sich öffnenden Abgrunds einfach weiterrennt und nicht bemerkt, daß sie gleich abstürzen wird.
Die Ampelkoalition ignoriert die Zeitenwende mit dem neuen Zwang zur Sparsamkeit. Weder entlastet sie die Wirtschaft, noch schafft sie durch Berechenbarkeit Vertrauen. Unternehmen und Konsumenten halten sich deshalb mit Ausgaben zurück. Standortfaktoren wie eine sichere Energieversorgung, eine leistungsfähige Infrastruktur und ein gutes Bildungssystem haben sich verschlechtert, Bürokratie und ineffiziente Verwaltung hemmen die private Initiative. Das Heizungsgesetz steht beispielhaft für das ganze Malaise dieser Politik.
Während der Pandemie und des Energiepreis-Schocks lullten Angela Merkel und Olaf Scholz das Land mit Subventionen ein. Jetzt folgt dem Rausch des Doppel-Wumms der Kater. Auch das Volk will die Zeitenwende nicht wahrhaben und pocht auf die gewohnte Rundumbetreuung des Staats. So herrscht kollektive Depression.
Deutschland ist derzeit eine Ansammlung von griesgrämigen Sauertöpfen, „befeuert“ von übellaunigen und üble Laune verbreitenden „Machern“, die alles Mögliche „machen“ – nur nichts Richtiges. Und: Weder Lindner noch Habeck und erst recht nicht der verschlossene Scholz erreichen die Menschen noch mit ihren Botschaften. Das liegt nicht an den Menschen, die ja eben gezwungen sind, das von den „Machern“ Dargebotene zu ertragen.
Und damit schwindet die politische Stabilität ebenfalls. Schon zu Beginn der Ménage-à-trois war klar, daß eine aus so unterschiedlichen Parteien bestehende Regierung fragil sein würde. Die strukturelle Schwäche führt zu ewigen Richtungskämpfen. In dieser Art Bündnis ist der Kanzler nicht Koch, sondern einer von drei Kellnern. Die Koalition ist so gründlich abgestürzt, daß es keinen Neustart mehr geben wird.
Jeden Kompromiß, den Scholz aushandelt, stellen die Grünen oder die FDP umgehend wieder infrage. Es war nicht klug, daß sich zwei ideologisch entgegengesetzte Parteien ins Lotterbett legten: gemäßigt staatskritische Liberale und eine etatistische Verbotspartei. Aber das ist die neue deutsche Realität. In einem fragmentierten Bundestag gibt es keine Mehrheiten mehr für homogene Bündnisse, auf die sich noch Helmut Kohl oder Gerhard Schröder abstützen konnten.
Solange ein Rechtsblock aus CDU/CSU und AfD ausgeschlossen bleibt, existiert als Alternative vorderhand nur die ungeliebte große Koalition. Die letzte Allianz dieser Art war ein Garant für Blockaden und kostspielige Kompromisse zulasten der Steuerzahler.
Zugleich sind die eigentlich so besonnenen Deutschen unfähig, mit der überall in der westlichen Welt grassierenden Plage des Populismus vernünftig umzugehen. Mit der Finanzkrise ist der Klassenkampf zurückgekehrt. Der Mittelstand sah zu, wie Banken gerettet werden, und fragt sich seither, was für ihn getan wird. Bei der Migration vermischen sich Verteilungsfragen und Überfremdungsängste, also wirtschaftliche Aspekte und Identität. Das macht das Thema so gefährlich.
Wir da unten gegen die da oben – dieser Konflikt wird nicht mehr zwischen feisten Kapitalisten und verelendeten Proletariern ausgetragen, sondern zwischen einer manchmal auch nur scheinbar abgehobenen Elite und allen, die sich abgehängt fühlen und deswegen umso nachdrücklicher darauf pochen, die Mitte der Gesellschaft zu sein: wir Normalen gegen das genderkorrekte, queere und vegane Establishment dort oben.
Auch deshalb erhalten die Gelbwesten in Frankreich oder die demonstrierenden Bauern in den Niederlanden oder Deutschland Zuspruch von Menschen, die noch nie einen Kuhstall von innen gesehen haben. Davon profitieren die Demagogen.
Trump ist der Farbigste von ihnen, er wirkt aber nur wegen der überragenden Stellung der USA „larger than life“. Vielmehr wimmelt es von solchen trüben Figuren. Nirgends tut sich jedoch das politische System so schwer, eine Antwort auf diesen Typus Politiker zu finden, wie in Deutschland.
Die nordischen Länder arrangieren sich mit den Rechtspopulisten. Ihre Demokratie nimmt daran keinen Schaden. Auch die Niederländer sind komplizierte Regierungsbildungen gewohnt und werden Wilders’ Wahlsieg überstehen. In Italien mausert sich Giorgia Meloni trotz postfaschistischem Erbe zur passablen Regierungschefin.
Nur in der Bundesrepublik Deutschland mißlingt, was sonst in Europa halbwegs funktioniert: die Inklusion rechter Protestparteien in das politische System. Die AfD wird mit deutscher Gründlichkeit ausgegrenzt. Das tut der Popularität der Partei zwar keinen Abbruch, macht aber die Bildung handlungsfähiger Regierungen sehr mühsam.
Die Quittung für ihre kurzsichtige Brandmauer-Strategie werden die etablierten Parteien bei den Landtagswahlen in den neuen Bundesländern bekommen. Statt aus der beeindruckenden Erfolgsgeschichte ihrer Demokratie Selbstvertrauen zu schöpfen, starren die Deutschen auf den Fetisch 1933. Aus Angst vor der vermaledeiten Vergangenheit erschweren sie sich die Zukunft.
Die Regierung erzählt Schauermärchen
Die Ampelkoalition spielt dabei eine unrühmliche Rolle. Sozialdemokraten und Grüne schielen auf den kurzfristigen parteipolitischen Vorteil und wittern hinter jeder Kritik gleich eine Verschwörung. Mal destabilisieren angeblich Corona-Leugner das Land, dann sind rechtsextrem unterwanderte Bauern am Werk. Ein willfähriger Inlandgeheimdienst liefert die passenden Stichworte wie die angebliche „Delegitimierung des Staates“.
Wäre es nicht so trist, könnte man darüber lachen: Ausgerechnet die Regierung, die allenthalben vor Verschwörungstheorien warnt, verbreitet selbst Schauermärchen. Das Ganze hat einen ernsten Hintergrund. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die politische Nervosität, harte Fakten und weiche Emotionen potenzieren einander.
Zu den Aufgaben einer Regierung gehört es, in anstrengenden Zeiten Lösungen aufzuzeigen und Zuversicht zu verbreiten. Hierbei versagen der maulfaule Kanzler und seine zerstrittenen Partner. Zugleich ist aber auch keine stabilere Regierung oder ein stärkerer Kanzler in Sicht.
Einen Kohl oder Schröder, die dem Land mit Reformen frischen Schub verleihen könnten, gibt es nicht. Es ist der perfekte Catch-22. Nichts ist von Dauer, selbst eine kollektive Depression geht irgendwann zu Ende, aber derzeit herrscht eine bedrückende Ratlosigkeit in Deutschland.
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Das deutsche linksdirigierte Panikorchester
Kommentar von Peter Helmes zu den Reaktionen auf die Bauernproteste
Alles begann damit, daß protestierende Bauern den deutschen Vizekanzler bedrohten, als dieser am Hafen von Schlüttsiel die Fähre verlassen wollte. Aus Sicherheitsgründen mußte das Schiff mit Robert Habeck wieder abdrehen. Wenig später demonstrierten die Bauern in allen Landesteilen, verärgert über eine Regierung, die ihnen kurzerhand Subventionen entzogen hatte. Das Land startete im Gefühl des Ausnahmezustands in das neue Jahr. Aber von allem Anfang an wirkte die Aufregung übertrieben.
Habeck machte, was er am besten kann: Er hielt eine Rede. Und diese schien unter starkem Eindruck seines Erlebnisses in Nordfriesland zu stehen. Es würden Aufrufe zu Umsturzphantasien kursieren, sagte der Minister. Extremistische Gruppen würden sich formieren, völkisch-nationalistische Symbole würden offen gezeigt.
Habeck klang so, als stehe eine Revolution unmittelbar bevor. „Umsturzphantasien heißen nichts anderes, als unseren demokratischen Staat zerstören zu wollen“, sagte er und schloß: «Wehren wir die Bedrohung ab. Haken wir uns unter. Seien wir solidarisch und in dem Sinne patriotisch. In diesen Wochen, und in den nächsten. In dieser Zeit.»
Der deutsche Landwirtschaftsminister, Cem Özdemir, schien ihm recht zu geben: „Das sind Leute, denen geht es nicht um die deutsche Landwirtschaft, die haben feuchte Träume von Umstürzen, und das wird es nicht geben.“
Der bekannte Warngestus
Unter dem Eindruck einer bedrohlichen Situation schafften es die beiden Minister – und einige andere Politiker –, einen legitimen, landesweiten Bauernprotest in die Nähe von Umsturz und Rechtsextremismus zu rücken. In der politisch-medialen Aufregung zeigte sich einmal mehr, daß die vielbeschworene „wehrhafte Demokratie“ in Deutschland in Wahrheit eine hyperventilierende Demokratie ist. Die Statements zeugen aber nicht nur von der Unsicherheit dieser Politiker, sondern auch von ihrer Bequemlichkeit. Die inhaltliche Auseinandersetzung ersetzten sie durch einen allzu bekannten Warngestus.
„Haken wir uns unter“, forderte Habeck die Bürger auf.
Alle sollten zusammenstehen, um die Demokratie zu verteidigen gegen einen inneren Feind. Doch bizarrerweise waren auf den Straßen fast nur Bauern mit Traktoren und wenige radikale Trittbrettfahrer, wie sie fast jede Demonstration mit sich bringt. Die Warnung vor den Rechtsextremisten stand in keinem Verhältnis zu den realen deutschen Vorkommnissen. So melodramatisch die Rede von Habeck war, die deutsche Demokratie war in den vergangenen Tagen nicht einen Moment in Gefahr.
Im Gegenteil, eine Organisation wie die „Letzte Generation“, deren Aktivisten sich auf Straßen klebten, hat der Polizei viel mehr Probleme bereitet. Ganz zu schweigen von den migrantischen Raketen-Randalierern, die es sich zum Silvesterritual gemacht haben, Beamte und andere Bürger anzugreifen. Die Bauern dagegen sind zwar unzufriedene, aber insgesamt friedliche Bittsteller. Auch dies zeigt, daß die rhetorische Wucht, mit der ihnen die Regierung begegnet, völlig unangebracht ist. Während Klimademonstranten mit Nachsicht und Verständnis rechnen dürfen, werden die Diesel-Bauern in Verruf gebracht.
Die Nazi-Keule funktioniert nicht mehr
Was soll aber dieser seltsame Hang zum Katastrophismus? Die politische Betroffenheit scheint ehrlich gemeint, ist keine zynische Inszenierung. Dennoch ist die Warnung weniger harmlos, als sie daherkommt. Sie ist auch ein Mittel, um politische Gegner auszuschalten und die Gesellschaft zu einem kollektiven Gegenprotest zu mobilisieren. Habecks besorgte Rede ist eine Form der Propaganda.
Ähnlich gestaltet sich auch die Bekämpfung der AfD. Die Partei wird vom Establishment als rechtsextrem deklariert, in manchen Bundesländern darf sie – mit dem Gütesiegel des Verfassungsschutzes – sogar als „gesichert rechtsextrem“ bezeichnet werden. Mit realistischer und nüchterner Betrachtung, gar mit gebotener Distanz, hat das wenig zu tun.
Wie die wachsende Popularität der AfD vor allem im Osten Deutschlands zeigt, verliert der Warngestus der etablierten Parteien dadurch zunehmend seine Wirkung. Die Nazi-Keule funktioniert nicht mehr. Bei Umfragen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen steht die AfD bei über 30 Prozent, in allen drei Bundesländern wird in diesem Jahr gewählt.
Der „Deportationsgipfel“- ein Theater
Von einem Einsehen scheint die Regierung aber weit entfernt zu sein. Die Mobilisierung der wehrhaften Demokraten ist eher noch rabiater geworden, seit das Recherchenetzwerk Correctiv vor wenigen Tagen das Treffen von „Migrationsverschwörern“ in Potsdam publik gemacht hat. Vertreter der AfD sinnierten mit Rechtsextremisten, Unternehmern und Politikern der Werteunion über die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Ausweisen möchten sie angeblich auch eingebürgerte Ausländer, die sich nicht assimiliert haben. Als Rädelsführer trat offenbar der Österreicher Martin Sellner von der „Identitären Bewegung“ auf.
Der Correctiv-Bericht unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ war im Stil eines Theaters abgefaßt, mit Akten und Szenen. Vielleicht ist dies symptomatisch: Wenn die Geschichte ernst – und mit direkten politischen Konsequenzen verbunden – wäre, würde man sie nicht als Theaterstück erzählen.
Die Geschichte hatte gleichwohl den Effekt, das Gefühl einer kollektiven Gefährdung zu vertiefen und die Wachsamkeit der Bürger heraufzubeschwören. Der „Spiegel“ schreibt von einem „Deportationsgipfel“. Politiker und Journalisten warnen wie lange nicht mehr vor der AfD und vor der rechtsextremen Ideologie, die hinter dem Begriff „Remigration“ stehe. Gleichzeitig wird aber auch vor der Verwendung des Begriffs „Remigration“ gewarnt, da damit das Wort auch noch salonfähig gemacht werde.
Der deutsche Bundeskanzler droht den Verschwörern mit dem Verfassungsschutz und ruft auf X zur Geschlossenheit auf: „Daß wir aus der Geschichte lernen, das ist kein bloßes Lippenbekenntnis. Demokratinnen und Demokraten müssen zusammenstehen.“ Dann demonstrierte er in Potsdam gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock unter dem Motto „Potsdam wehrt sich“. Mehr fällt dem immer merkwürdiger, ja hilflos agierenden Kanzler wohl nicht ein. Erbärmlich!
„Gefährliche Nazipartei“, das übliche Muster
Obschon die deutschen Politiker immer wieder geloben, die AfD inhaltlich stellen zu wollen, machten sie, was sie üblicherweise in solchen Situationen tun. Sie diffamierten die AfD kollektiv.
Sie sei eine „gefährliche Nazipartei“, sagte Hendrik Wüst, CDU-Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann wußte in Richtung AfD zu sagen: „Je größer der Haufen Scheiße, umso mehr Fliegen sitzen drauf.“
Die Gruppe der selbstdeklarierten demokratischen Parteien hat im Umgang mit der AfD nichts gelernt. Selbst wenn sie recht hätte und die AfD die Wiedergängerin der Partei Adolf Hitlers wäre, müßte sie sich eingestehen, daß ihre Strategie zur Bekämpfung dieser Partei gescheitert ist.
In ihrer Verzweiflung scheinen viele Politiker nur noch eine Lösung zu sehen: aus der Ächtung der AfD ein Verbot zu machen.
Im Sinne von: Wir haben gewarnt, die Bürger haben nicht gehört, also muß die Partei verschwinden. Erste Vorarbeiten hat der Verfassungsschutz geleistet, indem er die AfD in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt als „gesichert rechtsextrem“ erklärt hat. Aber auch diese Deklaration macht auf viele Bürger keinen Eindruck mehr. Denn der Verfassungsschutz wird von einem Teil der Bevölkerung nicht mehr als unabhängige Institution gesehen, sondern als Teil einer überparteilichen Anti-AfD-Bewegung.
Die vereinigten Warner
All dies heißt nicht, daß die AfD ungefährlich ist. Während sich das Parteiprogramm insgesamt im erwartbaren Mainstream des europäischen Rechtspopulismus bewegt, zeigen etwas freiere Statements einzelner Exponenten, daß die Partei auch extreme Züge hat. Der Bundestagsabgeordnete René Springer wehrte sich etwa gegen den Eindruck, die Ideen des Potsdamer Treffens seien ein Geheimnis:
„Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen.“
Springer suggeriert, daß die AfD-Politik dereinst eins zu eins und völlig unverdünnt durchgesetzt werden soll. Demokratie funktioniert anders.
Am Ende sind sich die Grünen und die AfD aber ähnlicher, als sie denken. Die einen warnen vor der Zerstörung des Staates durch Rechtsextremisten, die anderen vor der Migrationskatastrophe. Im Zustand eines permanenten deutschen Warngestus ist man vereint.
Die etablierten Parteien können sich auf den Standpunkt stellen, daß die Gesellschaft eben immer weiter verroht. Naheliegender ist aber der Gedanke, daß viele Leute die Warnungen nicht mehr ernstnehmen, weil sie allzu oft unverhältnismäßig waren: wie jetzt bei den Bauern oder bei gemäßigten AfD-Politikern – bereits aus dem AfD-Parteigründer Bernd Lucke hatte man einen finsteren Antidemokraten geframt.
Vor allem aber gilt es anzuerkennen, daß hinter dem Aufstieg der AfD ein real existierendes politisches Problem steht. Die rechtspopulistische Partei ist ein „one-trick pony“, ihr Thema ist die Migrationspolitik. Solange sich die deutsche Regierung einer pragmatischen und effektiven Asylpolitik verweigert, wird die AfD weiterwachsen. Allen Warnungen zum Trotz.
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Mehr in die Mitte gerückt:
das neue CDU-Grundsatzprogramm
Von Peter Helmes
„Volkspartei der Mitte“
Die Ära Merkel scheint abgehakt – wie Merkel selbst, die sich zunehmend als Fremdkörper in der CDU gibt (siehe Austritt aus der Konrad Adenauer-Stiftung). Mein Beileid hält sich in sehr engen Grenzen. Die „neue“ CDU beginnt jetzt aber gar nicht erst damit, Wunden zu lecken, sondern greift mit Fr. Merz und C. Linnemann die Herausforderungen beherzt auf. Ich wage keine Prophetie, aber für mich stellt es sich zunehmend so dar, daß Merkel eine Figur der Vergangenheit ist – zumindest in der CDU.
Und das ist jetzt neu – und klar eine Folge Merkelscher Schleierpolitik: Die CDU versucht sich als die wahre Partei der Zeitenwende zu präsentieren. Der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms schlägt auf zentralen Politikfeldern Richtungsänderungen vor, zu denen die mit sich selbst ringende Fortschrittskoalition nicht willig oder nicht fähig ist. Darunter sind Punkte wie etwa die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die bei den wenigsten Deutschen Begeisterungsstürme hervorrufen werden. Doch dürfte es auch Bürger geben, die es zu schätzen wissen, daß ihnen eine Partei schon in der Opposition reinen Wein einschenkt.
Und wie ehemals sieht sich die CDU plötzlich wieder als „Volkspartei der Mitte“ mit christsozialen, liberalen und konservativen Wurzeln. In dem Entwurf des Grundsatzprogramms spiegelt sich die vom Parteichef Merz und seinem Generalsekretär Linnemann verfolgte Neuausrichtung hin zu einer klarer erkennbaren Partei der rechten Mitte wider.
Der Programmentwurf macht klar, wohin bei der CDU die Reise gehe. Da sind beispielsweise zu nennen:
- Bekenntnis zu den christlichen Grundlagen,
- deutsche Leitkultur,
- härterer Kurs gegenüber Migranten,
- Forderung nach einem Bekenntnis zum Grundgesetz für Zuwanderer,
- klares Ja zur Schuldenbremse,
- Arbeit soll sich lohnen,
- Energiewende auch mittels Atomkraft
Das neue Programm ist konservativer und kantiger als bisher. Vor allem vollzieht es die Abkehr vom Mitte-Links-Kurs Merkels, als die CDU zwar dauerregierte – aber die CDU bei nahezu jeder Wahl Stimmen verlor –, der Staat sich vor allem in der Migrationspolitik aber machtlos und taub stellte. Das manifestiert sich in einem Schlüsselsatz des CDU-Programms. Aus dem schönen, aber in seiner Pauschalität naiven Wort des Bundespräsidenten Wulff, der Islam gehöre zu Deutschland, formt die „neue“ Union nun eine klare Ansage:
„Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Diese Aussage ist richtig, ebenso wie ihr Umkehrschluß. Diese Klarheit setzt sich auf vielen Feldern fort – Finanzen, Sicherheitspolitik, Energie. Auch daß die CDU wieder von Leitkultur redet, ist nicht „rechts“, sondern spricht der bürgerlichen Mitte aus dem Herzen.
Klarer Kurs in der Migrationspolitik
Die Flüchtlingskrise ab 2015 war eine Folge des große Kontrollverlustes Merkels. Demgegenüber setzt die CDU jetzt auf die Wiedergewinnung der Kontrolle über die Migration.
„Wir wollen einen Stopp der unkontrollierten Migration und eine Begrenzung der humanitären Migration auf ein Maß, das die Integrationsfähigkeit Deutschlands nicht überfordert und zugleich unserer humanitären Verantwortung gerecht wird“,
heißt es. Erreicht werden soll das neben einem verbesserten Schutz der EU-Außengrenzen vor allem durch die Durchführung von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten außerhalb der EU.
Es ist verdienstvoll, daß die CDU diese bisher (gelebte) Marktlücke auf eine Weise schließt, die jedenfalls über verfassungsrechtliche Zweifel erhaben ist.
Eine ähnliche Wende zeigt sich in der Energiepolitik:
Unter dem Eindruck des Reaktorunglücks im japanischen Fukushima beschloß Merkel 2011 den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie. Die letzten deutschen Kernkraftwerke gingen im April letzten Jahres vom Netz. Der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms deutet hingegen einen Wiedereinstieg in die Atomenergie an.
Denn Deutschland könne „zurzeit nicht auf die Option Kernkraft verzichten“.
Die CDU setzt bei der Gesamtenergieversorgung auf „Technologieoffenheit in Anwendung und Forschung“. Dazu gehören laut dem Entwurf Kernkraftwerke der vierten und fünften Generation sowie Fusionskraftwerke. „Wir wollen den weltweit ersten Fusionsreaktor bauen.“
Die CDU rückt wieder nach rechts: in Trippelschritten zwar, aber immerhin. Es ist der überfällige Beginn einer Kurskorrektur.
Unter der Führung Angela Merkels war aus der einst dominanten bürgerlichen Kraft eine Zeitgeist-Partei geworden, die von SPD und Grünen kaum noch zu unterscheiden war. Unter Friedrich Merz könnte sich das ändern – wenn die Partei ihn läßt und wenn ihn selbst nicht der Mut verläßt.
Mit den Eckpunkten des neuen Grundsatzprogramms ist die stärkste deutsche Oppositionspartei erkennbar bemüht, eine Alternative zum linken Mainstream des Landes im Allgemeinen und zur Politik der Ampelregierung im Besonderen zu formulieren. Manches ist klar konzipiert, anderes riecht ein wenig nach Etikettenschwindel, aber in der Summe dürfte dieses Papier den politischen Wettbewerb beleben. Gut so.
„Rechts“ ist kontaminiert
Weil „rechts“ in der Bundesrepublik ein kontaminierter Begriff ist und viele Leute nicht mehr in der Lage sind, zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextrem zu unterscheiden, würden die meisten Autoren, die an dem rund 70-seitigen CDU-Papier mitgearbeitet haben, den ersten Satz dieses Kommentars wohl zurückweisen. Rechts? Gott bewahre! Man bleibe, was man immer schon gewesen sei: christlich-sozial, liberal und konservativ. Trotzdem stimmt der Befund. Der Text ist ein – moderater, keineswegs radikaler – rechter Korrekturversuch.
(Persönliche Anmerkung des Autors: Ich habe in meinem mehr als 65-jährigen politischen Engagement trotz vieler zuweilen tief unter die Gürtellinie zielenden Angriffe nie einen Hehl daraus gemacht, „rechts“ zu sein.)
Erwartbare und wohlfeile Kritik
Viele Vorschläge werden bei den möglichen künftigen Koalitionspartnern nicht auf Gegenliebe stoßen. Und so stößt der Entwurf für das CDU-Grundsatzprogramm sofort auf Kritik.
Islamverbände haben die Passagen zu Muslimen im Entwurf für das neue CDU-Grundsatzprogramm erwartungsgemäß kritisiert. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Mazyek, warf der CDU vor, mit der Formulierung „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“ am rechten Wählerrand zu fischen. Auch der deutsche Islamrat kritisierte die Passage. Solche Diskussionen seien ausgrenzend, führten zu Verwirrung und erschwerten die Identifikation der Muslime mit Deutschland, sagte dessen Vorsitzender Kesici.
Nach Ansicht des Politologen Jürgen Falter jedoch ist der Satz „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland“ taktisch gut gewählt. Er sagte im Dlf, mit Blick auf die CDU-Wähler dürfte dies mehrheitlich auf Zustimmung stoßen. Es gehe hierbei nicht um christliche Werte, sondern um ein Bekenntnis zu unserer Verfassung. Falter spricht von einer Verschiebung zum Konservativeren hin. Hierbei vollziehe die CDU etwas, das „in der Gesellschaft bereits erfolgt ist“, wenn man sich die Umfragen ansehe.
Wer sagt, der Islam gehöre dazu, so wie es die Christdemokraten Wolfgang Schäuble und Christian Wulff einst getan haben, der sagt auch: Die Scharia gehört dazu. Gläubige Muslime kennen in der Regel keine Trennung von Kirche und Staat. Man kann aber nicht beides haben: islamisches Recht und einen liberalen Rechtsstaat. Man muß sich entscheiden. Ein westliches Land kann Muslimen ein Bekenntnis zu liberalen Werten abverlangen. Es muß das sogar tun, wenn der Anteil der Muslime an der Bevölkerung stetig wächst.
Bekenntnis zur Leitkultur
Auch an anderen Stellen geht das Papier der CDU in die richtige Richtung, gerade auch im Bekenntnis zur Leitkultur. Zu ihr gehören aus CDU-Sicht unter anderem die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen, der Rechtsstaat, Respekt und Toleranz. Diese Leitkultur müsse von allen, die in Deutschland leben wollten, ohne Wenn und Aber anerkannt werden, heißt es in dem Entwurf. Die Leitkultur solle den Zusammenhalt der Gesellschaft sichern.
Es rückt zudem die Forderungen der Mehrheitsgesellschaft an Migranten ins Zentrum und nicht deren Forderungen an den Staat, angefangen beim verpflichtenden Spracherwerb schon im Vorschulalter. Es plädiert für eine robuste Asylpolitik mit Verfahren in sicheren Drittstaaten.
Und es gibt der Mehrheit eine Stimme, die Genderdeutsch als elitären Unfug ablehnt.
Es bekennt sich zur Kernenergie (auch wenn eine deutsche Renaissance sehr unwahrscheinlich ist).
Auch die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch sieht im Entwurf den Wunsch der CDU, ihr Profil zu schärfen und sich hin zum Konservativeren zu bewegen. Münch sagte ebenfalls im Deutschlandfunk, es handele sich aber keineswegs um den Versuch, die AfD nachzuahmen. Es sei vielmehr eine Rückbesinnung auf Themen und Positionen, die vernachlässigt worden seien.
Kritik auch an den Vorschlägen zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik
Weitere Kritik gibt es an den Vorschlägen zur Sozial- und Arbeitsmarktpolitik in dem Entwurf. Der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Schneider, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, in einer Zeit, in der immer mehr Teile der Bevölkerung Abstiegsängste hätten, sei das Papier denkbar ungeeignet, die Menschen zu beruhigen. Das Gegenteil sei der Fall: Der Angriff auf die gesetzliche Rentenversicherung und das Bürgergeld sei kaum zu übersehen. Damit würden „Grundpfeiler“ des Sozialstaats zur Disposition gestellt. (Anm. P.H.: Von Herrn Schneider wäre jede andere Kritik unvorstellbar. Der Mann kann einfach nicht anders.)
Der Entwurf sieht unter anderem vor, daß die Rente durch eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersversorgung ergänzt wird. Das Renteneintrittsalter soll an die Lebenserwartung angepaßt werden. CDU-Generalsekretär Linnemann wies darauf hin, dies bedeute nicht automatisch, daß das Renteneintrittsalter damit angehoben werde, da die Lebenserwartung derzeit eher stagniere.
Bekenntnis zu Deutschland als „christlich geprägtes Land“
Ausdrücklich betont der Entwurf, daß Deutschland „ein christlich geprägtes Land“ sei. Die CDU bekennt sich damit also stärker zum „C“ im Parteinamen. Kirchen und Gemeinden seien wichtige Partner bei der Gestaltung des Gemeinwesens und nähmen „eine wichtige Rolle in der öffentlichen Daseinsvorsorge“ ein. Sie seien „gesellschaftspolitische Stabilitätsanker, die Menschen Orientierung geben, Sinn stiften und Seelsorge betreiben“. Christliche Symbole müßten im öffentlichen Raum sichtbar bleiben.
Die CDU bekennt sich zudem zum „Leitbild von Ehe und Familie“.
Zugleich wird Alleinerziehenden sowie Kindern aus bildungsfernen und einkommensschwachen Familien mehr Unterstützung zugesagt. Bildung wird als Schlüssel zu Aufstieg und Integration gesehen.
Das Papier betont weiter: „Jüdisches Leben gehört zu Deutschland“.
Zu Musliminnen und Muslimen heißt es: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Ziel sei hier „ein lebendiges Gemeindeleben auf dem Boden des Grundgesetzes“. Der islamistische Terrorismus und der politische Islam werden als unterschätzte Gefahren angesehen.
Drittstaatenlösung und Kontingente im Asylrecht
In der Migrationspolitik fordert die Partei eine Drittstaatenlösung. „Jeder, der in Europa Asyl beantragt, soll in einen sicheren Drittstaat überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen.“ Im Falle eines positiven Ausgangs des Asylverfahrens soll zunächst der sichere Drittstaat dem Antragsteller vor Ort Schutz gewähren. Gleichzeitig soll es jährliche Kontingente schutzbedürftiger Menschen geben.
Zum Thema Klimaschutz heißt es, daß dieser nur marktwirtschaftlich durchzusetzen sei. Die Partei will dem Klimawandel mit Technologie und Anreizen wie dem Emissionshandel entgegentreten.
Mit Blick auf die Rente wird eine „verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge“ gefordert.
In den Entwurf, der im Präsidium der CDU und im größeren Vorstand diskutiert wurde, floß auch das Ergebnis einer Mitgliederbefragung ein, an der sich nach Parteiangaben 65.000 Mitglieder beteiligten. Das Grundsatzprogramm soll für zehn Jahre gelten.
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Schluß mit üppigen Staatsgeldern für fragwürdige „Demokratiearbeiter“!
Von Peter Helmes
Warum finanziert der deutsche Staat zivilgesellschaftliche Organisationen mit fragwürdiger Agenda?
150 Millionen Euro: So viel gab der deutsche Staat im Jahr 2021 für ein Programm namens „Demokratie leben“ aus. Es unterstützt Akteure, die sich, laut eigenen Angaben, dem Kampf gegen Extremismus verschrieben haben und die Demokratie stärken wollen. Das klingt besser, als es ist – doch dazu später mehr und zurück zu dem dreistelligen Millionenbetrag, der Jahr für Jahr in unzählige Projekte und Vereine fließt.
Die Summe sollte auf jährlich 200 Millionen steigen, doch damit ist nun Schluß. Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts zwingt die deutsche Regierung endlich zum Sparen. Weil die Ausgabensperre greift, ist der Geldfluß für die „Demokratiearbeiter“ gestoppt. So nannte die „TAZ“ liebevoll die Vereine und Organisationen, die sich unter dem Begriff der „Demokratieförderung“ zusammenfinden.
Dort herrscht offenbar Panik, die sich in einem offenen Brief ausdrückt, den rund 50 Organisationen unterschrieben haben. „Eine unterfinanzierte Zivilgesellschaft gefährdet die Demokratie“, heißt es dort. Es drohe das Ende „einer ganzen zivilgesellschaftlichen Landschaft“.
Falscher Begriff von Zivilgesellschaft
Das ist aberwitzig. Zum einen suggeriert der Brief, das Wohl und Wehe der deutschen Demokratie hänge an einigen Dutzend Vereinen, von denen die meisten Bürger noch nie etwas gehört hätten. Das ist maximale Selbstüberhöhung. Zum anderen pervertiert es den Begriff der Zivilgesellschaft. Die ist dadurch definiert, daß sie eben nicht staatlich ist. Eine Zivilgesellschaft, die von der Regierung finanziert wird, ist keine Zivilgesellschaft.
Aber was ist sie dann? Im schlimmsten Fall ist sie ein weitverzweigtes Geflecht, um die Agenda der Regierungsparteien unter die Leute zu bringen – getarnt als gemeinnütziges Engagement. Leider gibt es starke Anzeichen dafür, daß manche der geförderten Organisationen genau das tun.
Exemplarisch sei hier die Amadeu-Antonio-Stiftung genannt, die der deutsche Staat in den vergangenen Jahren mit mehreren Millionen Euro gefördert hat. Ein kurzer Blick in die Bilanz der Stiftung zeigt, daß sie ohne Steuergeld kaum lebensfähig wäre. Es ist nicht ihr einziges grundlegendes Problem.
Gegründet hat die Stiftung Anetta Kahane, die in der DDR für die Stasi spitzelte.
Die Stiftung macht kein Hehl daraus, daß sie genau weiß, was man über bestimmte politische Themen zu denken hat. Dieser Geist wehte auch in der DDR, wo der Staat den Meinungskorridor eng hielt.
Online-Pranger mit Steuergeld
Da paßt es ins Bild, daß die Stiftung immer wieder Agitation betreibt. So verbreitete sie im Jahr 2019 in Kitas eine absurde Broschüre, die Hinweise für Erzieher enthielt, wie man rechtsextreme Eltern erkennen kann. Ein Fallbeispiel daraus ließ sich so interpretieren, daß ein Mädchen mit Zöpfen, das daheim zur Handarbeit angeleitet wird, unter Umständen rechtsextreme Eltern hat.
Skurril ist auch ihr Online-Meldeportal für antifeministische Vorfälle. Wer Gender-Studies als unwissenschaftlich einstuft oder an einer vermeintlich antifeministischen Veranstaltung teilnimmt, kann dort anonym gemeldet werden. Es handelt sich um eine Art Online-Pranger, den der Staat mitfinanziert. Allein schon weil Denunziation zum Wesenskern totalitärer Systeme gehört, dürfte es so etwas in einer liberalen Demokratie nicht geben.
All das paßt aber ins Weltbild der Ampelregierung…
…und vor allem in die Agenda der grünen Familienministerin Lisa Paus.
Ihr Ministerium ist maßgeblich für die Vergabe der Fördermittel zuständig. Mit dem sogenannten Demokratiefördergesetz wollte sie die horrenden Summen für die „Demokratiearbeiter“ verstetigen.
Der deutsche Staat wird nach dem Haushaltsurteil aber wahrscheinlich hart sparen müssen. Es wäre naheliegend, dann bei Organisationen wie der Amadeu-Antonio-Stiftung anzusetzen. Sie und viele weitere selbsternannte „Demokratieförderer“ stärken linke Partikularinteressen, statt der Allgemeinheit zu dienen.
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Obdachlosigkeit – ein Tabu-Thema
Von Peter Helmes
Wohnen ist ein Menschenrecht, doch in Deutschland steigt die Zahl der Menschen, die keine eigene Wohnung haben. Mehr als 600.000 Menschen waren laut Berechnungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. im Verlauf des Jahres 2022 ohne Wohnung. Davon hatten 50.000 Menschen keine Unterkunft in Hilfseinrichtungen oder bei Freunden und Bekannten – sie leben auf der Straße.
Viele obdachlose Menschen meiden Notunterkünfte; denn dort haben sie keine Privatsphäre, sind Gewalt ausgesetzt oder haben Angst vor Diebstählen und der Willkür des Personals. Außerdem sind solche Einrichtungen oft nach Geschlechtern getrennt, weswegen Paare sie nicht nutzen, oder die Mitnahme von Hunden ist verboten. Deswegen sind Orte wichtig, wo sich Obdachlose im Winter aufwärmen bzw. unkompliziert Hilfe erhalten können.
Obdachlose Menschen werden nicht nur übersehen, sie sind aufgrund ihrer Schutzlosigkeit von Gewalt bedroht und betroffen. Viele Übergriffe sind nicht bekannt; denn Obdachlose melden diese oft nicht. Betroffene berichten von Diskriminierung und Abwertung. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. hat 13 Todesfälle im Jahr 2022 gezählt, im Jahr zuvor waren es 18.
Der Dortmunder Forscher Dierk Borstel verweist zudem darauf, daß Obdachlosen kaum mit Respekt und ehrlichem Interesse an deren Lebenssituation begegnet werde. Das betreffe auch verantwortliche Stellen, die den Betroffenen helfen sollten.
Momentan sei die Würde von Obdachlosen nicht geschützt. Bei der Frage, wie mit wohnungs- und obdachlosen Menschen umgegangen wird, zeige sich „die Qualität unserer Gesellschaft“, so Borstel.
Die Ursachen von Obdachlosigkeit offenlegen
Ein nationaler Aktionsplan soll dabei helfen, bis 2030 die Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland zu überwinden. Noch ist das Land weit davon entfernt. Die Zahl der Wohnungslosen wächst stetig.
Schätzungsweise 50.000 Männer und Frauen leben in Deutschland auf der Straße, mehr als 600.000 sind wohnungslos. Der Weg zurück in eine eigene Wohnung scheint für viele unmöglich. Dabei ist Wohnen ein Menschenrecht. Und auch aus staatlicher Sicht ist es eigentlich wünschenswert, wenn Menschen in bezahlbaren Wohnraum kommen statt in teuren Wohnheimplätzen untergebracht werden zu müssen.
Unterschied zwischen Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit